Meinung: Die Zukunft von Battlefield 2042 liegt noch immer auf Messers Schneide. Die Fans blicken sehnsüchtig auf Season 1. Doch die Gerüchte verheißen nichts Gutes.

Ich wünsche mir so sehr, dass Battlefield 2042 noch die Kurve kriegt. Ja, DICEs Shooter kassiert aktuell mehr Buh-Rufe als der Kinofilm von Mister Burns, aber ganz ehrlich: Haben wir 2021 nicht schon genügend Negativität und Enttäuschungen ertragen müssen? Wenn mich Star Wars für mein Leben eine wichtige Erkenntnis gelehrt hat, dann diese: Hoffnung ist der Schlüssel ... gut, und leg einem fremden Wookie niemals Handschellen an.

Ich hoffe, dass alle meine enttäuschten Freunde doch noch den Shooter bekommen, den sie all die Monate vor Release in Battlefield 2042 gesehen haben. Ich hoffe, dass DICE all die Probleme des Spiels schnell glattbügelt und notwendige Inhalte nachreicht. Doch genau hier liegt der Boston-Dynamics-Roboterhund begraben.

Die Augen der Fans spähen aktuell allesamt auf ein wichtiges Ereignis: den Release von Season 1. Die erste Saison von Battlefield 2042 soll Anfang 2022 zeigen, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Ein steter Fluss an neuen Inhalten, Maps, Waffen, ein Battle Pass, wöchentliche Belohnung, kurz: ein Battlefield, das wirklich lebt. Zur Zeit steckt das Spiel in einer Art Wartungsmodus - all die Bugs und Balancing-Probleme der ursprünglichen Release-Fassungen müssen schnellstmöglich gepatcht, gefixt, geschliffen werden.

Treue Fans gewähren DICE diese Schonfrist, weil a) schon mehrere wichtige Patches in kurzer Zeit erschienen sind und es b) schlicht keine Alternative gibt. Battlefield 2042 muss jetzt auf Kurs gebracht werden, um den Weg für den hoffentlich großartigen Start von Season 1 zu ebnen. Denn eine erfolgreiche Season 1 könnte das Ruder rumreißen.

Season 1 erst vier Monate nach Release?

Der bekannte Battlefield-Dataminer Temporyal hat eines der mächtigsten Werkzeuge der Menschheit - die Mathematik - eingesetzt, um in den Daten von Battlefield 2042 stumpf durchzuzählen: Es gibt im Code Weekly Challenges für zwölf Pre-Season-Wochen. Oder mit ein bisschen weniger Englisch: Aktuell laufen im Spiel wöchentliche Missionen, die - ihr ahnt es - einmal in der Woche durch ein neues Set ausgetauscht werden (ganz ähnlich wie bei Forza Horizon 5 übrigens). Wir befinden uns jetzt gerade in der zweiten Woche. Im Code stecken Missionen für zwölf Wochen, bevor die erste Saison starten soll. Zählt man also im Kalender hoch, landet man exakt im März 2022.

Natürlich kann es sich dabei um Puffer handeln. Womöglich hat DICE bewusst mehr wöchentliche Missionen entwickelt, falls sie hinten raus mehr Zeit benötigen. Wäre ja nicht die erste Verschiebung für Battlefield 2042, und auf meine Nachfrage hin will EA die Gerüchte weder bestätigen, noch dementieren. Aber im schlimmsten Fall müssen wir uns tatsächlich noch zweieinhalb Monate bis zum Start der ersten Season gedulden. Da könnt ihr jetzt natürlich einwerfen: Mei, wen schert's? Auf Duke Nukem Forever haben wir 14 Jahre gewartet und das hat nun wirklich niemanden enttäuscht.

Aber für Battlefield 2042 wäre das eine fatales Zeichen - noch fataler als der problematische Release.

Battlefield 2042 stirbt

Die Leute warten. Wer Battlefield 2042 seit Release zockt, dürfte spätestens jetzt wirklich alle Inhalte einmal abgegrast und jedes Gebäude einmal per verbuggtem Luftkissenboot erklommen haben. Mit wenigen Modi, Waffen und Maps ist Battlefield 2042 definitiv kein Umfangsbiest, da kann auch der Portal-Editor die Leute nicht ewig über fehlende Vielfalt hinwegtrösten.

Lasst euch von den rund 30.000 jetzt gerade aktiven Spielerinnen und Spielern nicht in die Irre führen: Hier profitiert Battlefield 2042 noch von einem Free Weekend, denn DICE lässt die Leute aktuell kostenlos an die Geräte und rabattiert das Spiel um satte 34 Prozent auf 40 statt 60 Euro. Einen Monat nach Release ist das kein gutes Zeichen.

Noch bitterer sahen die Spielerzahlen kurz vor der Gratisaktion aus. BF2042 schrumpfte in knapp 30 Tagen von über 100.000 Fans auf magere 17.000 gleichzeitig aktive User zusammen. Das ist ein Verlust von 83 Prozent! Selbst Battlefield 5 zieht Ende 2021 noch genauso viele Leute auf seine Server. Klar, viele Spieler tauchen in der Steam-Statistik nicht auf, weil sie via Origin beziehungsweise Game Pass zocken, aber das gilt eben auch für Battelfield 5 - und das erschien erst Jahre nach Release auf Steam, hatte hier also einen deutlich schwierigeren Start.

Wer Battlefield 2042 zum Release gemieden hat, wartet natürlich ebenfalls auf den großen Patch, den üppigen DLC, der den Karren aus dem Wüstensand zieht. Da sind vier Monate Fastenzeit vor Start der ersten Saison ohnehin zermürbend lang - aber für Battlefield als Franchise steht mehr auf dem Spiel als das.

Denn Battlefield 2042 musste der Community eine einzige Sache beweisen. Und genau hier versagt DICE - zum vierten Mal.

Wie oft machen die Fans das noch mit?

Kein großes Shooter-Studio geht so schlecht mit Trends um wie DICE. Es schmerzt mich, das zu tippen, denn ich liebe Battlefront 2, ich mag Battlefield 1 wie 5. Kollege Fabiano hat just erst einen leidenschaftlichen Bericht verfasst, wie verblüffend gut sich Battlefield 5 auch 2021 noch spielt.

DICE muss mit Battlefield 2042 beweisen, dass sie ein modernes Shooter-Unternehmen sein können. Und das ist kein abgehobenes Branchen-Bliblablub, sondern alltägliche Spielerrealität, denn alle Battlefields und Battlefronts der letzten Jahre sind langfristig an derselben Hürde gescheitert: dass DICE das erste Content-Jahr komplett verbockt.

Battlefield 1 verkleinerte 2016 die Spielerschaft mit gemächlich erscheinenden, teuren DLCs - und das zu einer Zeit, als Rainbow Six: Siege mit seinem Season-Modell und kostenlosen Maps schon der gesamten Konkurrenz davonlief. Star Wars: Battlefront 2 war geknechtet an Filmverträge und brauchte ein ganzes Jahr, um den ersten wirklich guten DLC-Hyperraumsprung hinzubekommen. Battlefield 5 brauchte ganz ohne Filmverträge ebenfalls ein Jahr, um sein grandioses Pazifik-Addon an den Start zu bringen.

Aber gemessen an ihrem Potenzial sind alle DICE-Shooter der letzten fünf Jahre gescheiterte Service Games.

Der schlechteste Battlefield-Launch

Der verbuggte Release von Battlefield 2042 ist also fast schon Nebenkriegsschauplatz. Was ich viel, viel schlimmer finde: Der Live Service von Battlefield 2042 startet noch schlechter als in den bisherigen DICE-Spielen. Battlefield 1, 5 und Battlefront 2 haben es allesamt bis Weihnachten ihres jeweiligen Release-Jahres geschafft, zumindest irgendeine neue Map zu releasen (Panzerstorm, Crait, Schatten des Giganten).

Klar, das waren meist bloß nachgelagerte Marketing-Stunts, denn die Maps wurden ja nicht in vier Wochen entwickelt, sondern bewusst ausgekoppelt, um den Fans als gutes Zeichen ein Bonbon kurz vor Weihnachten in die Christbaumsocke zu legen. Oder den Kinostart von Star Wars 8 mit der Schlacht von Crait als neuem Szenario zu feiern.

Danach wurde es immer still um Battlefield oder -front, aber immerhin hatten wir irgendwas. Im Fall von Battlefield 2042 sieht es derzeit zappenduster aus. Keine neuen Maps, keine neuen Waffen - und sehr wahrscheinlich ändert sich das bis März 2022 nicht. Natürlich soll sich das Studio einen schönen Weihnachtsurlaub gönnen, abschalten, denn manche Dinge sind wichtiger als Arbeit.

Aber ich bin fest überzeugt: Sollte sich im neuen Jahr nicht rasch etwas tun, wird Season 1 der Todesstoß für Battlefield 2042. Dafür wiegt ein vergeigtes erstes Content-Halbjahr gerade bei Battlefield einfach zu schwer. Ich hoffe auf das Gegenteil, wirklich. Wenn wir in sechs Monaten hier hocken und feierabends Battlefield zocken und herzlich über unser ganzes Genörgel zum Launch lachen, wäre ich ein sehr glücklicher Kanonier.

Doch falls das nicht passiert, gäbe es nur noch eine Rettung: Battlefield 2042 müsste Free2Play werden.

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